DAS TRAINING NACH DER MAXIMALEN HERZFREQUENZ IM FUSSBALL
Die Herzfrequenzmessung wurde lange Zeit als das ultimative Mittel der Trainingssteuerung angesehen. Grundsätzlich ist die Trainingssteuerung über die Herzfrequenz eine sinnvolle Methode um die eigene Belastung zu lenken. Da die Preise der Herzfrequenzmessgeräte in den letzten Jahren stark gesunken sind und mittlerweile viele Vertreter auf dem Markt sind, sieht man kaum einen Sportler während seiner Ausdauereinheiten ohne ein solches Hilfsmittel. Noch dazu haben sich Apps für das Smartphone zur Trainingssteuerung stark verbreitet. Gerade im Ausdauersport durchlebt die Trainingssteuerung über die Herzfrequenz derzeit jedoch eine Renaissance.
Viele vermeintliche Vorteile des herzfrequenzorientierten Trainings beruhen auf der Trainingswissenschaft der 70er Jahre und sind mittlerweile überholt. Anstelle einer Trainingssteuerung nach der Herzfrequenz geht der Trend in Richtung „Laufen nach dem eigenen Körpergefühl“. Der Pulsgurt bleibt bei vielen Ausdauersportlern immer öfter daheim. Die Herzfrequenzmessung steht nicht primär im Fokus der Belastungssteuerung. Stattdessen priorisieren viele Sportler das Tracken der gelaufenen Kilometer und der Geschwindigkeit. Warum das sinnvoll ist, zeigt folgendes Beispiel.
Ein Sportler läuft einen Berg hoch. Da er sich temporär überdurchschnittlich anstrengt wird ihm seine Pulsuhr signalisieren, dass er sich über seiner maximalen Herzfrequenz (Hfmax ) befindet. Der Sportler fühlt sich subjektiv jedoch wohl und nicht überanstrengt. Wie sollte er reagieren? Sollte er abbrechen oder sollte er weiterlaufen?
Ein Sportler mit einer guten Eigenwahrnehmung und Selbsteinschätzung, der seinen Körper aufgrund jahrelanger Trainingserfahrung kennt, wird den Berg vermutlich trotz allem hochlaufen. Er weiß, dass er trotz hohem Puls den Berg meistern kann und sicher oben ankommen wird. Die Herzfrequenz ist äußert individuell und von vielen Faktoren abhängig. Deswegen ist es nicht immer sinnvoll allein mittels Herzfrequenzmessung das Training zu steuern.
Das Herz eines untrainierten Erwachsenen schlägt im Durchschnitt etwa 70 Mal in der Minute. Bei steigender Belastung erhöht sich selbstverständlich auch die Anzahl der Herzschläge pro Minute. Der Grund ist, dass der Körper vermehrt mit Sauerstoff versorgt werden muss. Der schnellste Herzschlag, der unter Belastung erreicht werden kann, wird als maximale Herzfrequenz bezeichnet.
EINFLUSSFAKTOREN AUF DIE MAXIMALE HERZFREQUENZ
Die maximale Herzfrequenz hängt neben dem Alter von der genetischen Veranlagung, dem Trainingszustand und externen Faktoren ab. So wird die Herzfrequenz beeinflusst durch:
- Schlaf
- Flüssigkeit
- Essen
- Alkohol
- Stress
- Temperatur
- Luftfeuchtigkeit
- Streckenprofil
- hormonelle Schwankungen (bei Frauen).
Man merkt deutlich, dass die Herzfrequenz von vielen Faktoren abhängig ist und somit nicht pauschal für jeden Sportler die gleiche Aussagekraft haben kann. Deswegen sind Trainingsempfehlungen auf Basis der Herzfrequenz immer mit Unsicherheit behaftet.
FAUSTFORMEL ZUR BESTIMMUNG DER MAXIMALEN HERZFREQUENZ
Vielen Sportlern wird zur Trainingssteuerung eine Faustformel an die Hand gegeben, mittels der die maximale Herzfrequenz berechnet werden kann.
Die am häufigsten benutzte Faustformel zur Berechnung der maximalen Herzfrequenz ist
Eine 30-jährige Person hätte nach dieser Formel eine maximale Herzfrequenz von 190 Schlägen pro Minute (220 – 30 = 190). Bei einem herzfrequenzgesteuerten Training würden sich demnach Trainingsempfehlungen in bestimmten Intensitätsbereichen ergeben. Die Grundlagenausdauer 1 (GA1), die laut trainingswissenschaftlicher Empfehlungen der 70er Jahre bei 60-70% der Hfmax trainiert wird, müsste von einem 30-jährigen Sportler demnach in einem Herzfrequenzbereich von 114-133 Schlägen pro Minute trainiert werden. Tempodauerläufe hingegen, die bei 80-95% der Hfmax durchgeführt werden, müssten in einem Herzfrequenzbereich von 161-171bpm (Beats per Minute = Schläge pro Minute) durchgeführt werden.
Die Faustformel zur Berechnung der Hfmax erscheint ein leicht zugängliches Ausbelastungskriterium zu sein. Jedoch liefern solche Faustformeln nur unzureichende Ergebnisse, die auf Studien beruhen welche einen Durchschnitt widerspiegeln. Nicht jedoch den individuellen Sportler. Individuelle Konstitutionen und externe Faktoren werden nicht berücksichtigt. Dies sollte auch bei der Ableitung von Trainingsempfehlungen auf Basis der Hfmax berücksichtigt werden.
LEISTUNGSDIAGNOSTIK STATT FAUSTFORMELN
Wichtig ist, man muss seine individuellen Werte kennen und die erfährt man nicht durch irgendwelche Faustformeln, sondern alleine durch eine Leistungsdiagnostik in einem sportmedizinischen Institut. Idealerweise muss eine Leistungsdiagnostik regelmäßig, alle zwei bis drei Monate durchgeführt werden, da sich der Fitnesszustand mit dem Training ständig ändert. Dies ist natürlich mit einem höheren Aufwand und mit höheren Kosten verbunden. Zudem steht eine Leistungsdiagnostik nicht für die alltägliche Arbeit zur Verfügung, da sie an räumliche Gegebenheiten an sportmedizinischen Instituten oder Praxen gebunden ist.
Letztendlich kann man nicht sagen, dass das Training nach der Herzfrequenz sinnlos ist. Jedoch haben wir gesehen, dass die Herzfrequenz hoch individuell ist. Ein herzfrequenzgesteuertes Training kann nur durch die regelmäßige Kontrolle sinnvoll gestaltet werden. Die hohe interindividuelle Variabilität limitiert die Aussagekraft der Hfmax als Ausbelastungskriterium. Somit erscheint es nicht sinnvoll, ein herzfrequenzgesteuertes Training allein auf Basis von errechneten Werten mittels Faustformel oder einer einmalig durchgeführten Leistungsdiagnostik zu gestalten. Natürlich macht es unter bestimmten Bedingungen auch Sinn, das Training nach der Herzfrequenz zu steuern, beispielsweise wenn man unter Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems leidet.
HERZFREQUENZGESTEUERTES TRAINING IM FUSSBALL
Quellen: